Ich will Euch heute mal einen Bericht über die Grenzen dessen, was auf La Gomera gesundheitstechnisch möglich ist, geben.
Das sind sehr persönliche Erfahrungen, die aber sicher einige von Euch zum Nachdenken anregen werden, falls Ihr mal vorhabt, auch nach Gomera auszuwandern.
Wir leben seit knapp 8 Jahren in Agulo und haben im Großen und Ganzen nur positive Erfahrungen mit den Ärzten und den spanischen Krankenhäusern gemacht. Wie Ihr sicher alle wisst, hat jedes Dorf sein Centro Salud mit dem Hausarzt, der für alles zuständig ist, was ohne Facharzt möglich ist. Für alles weitere sorgt er für die entsprechenden Termine und Überweisungen.
Vor zweieinhalb Jahren hatte mein Mann eine lebensbedrohliche Herzattacke, die dank des schnellen und richtigen Eingreifens des Notarztes in Hermigua noch mal gut ausgegangen ist. Er wurde dann per Hubschrauber nach Teneriffa in die Uniklinik "Candelaria" geflogen. Dort wurde er 5 Wochen bestens versorgt. Es gibt da übrigens deutlich mehr Pflegekräfte als in deutschen Kliniken und alles war sehr gut organisiert. Bis hin zu der Tatsache, dass die spanische Krankenkasse mir als Ehefrau Fähren, Essen und Unterbringung in Santa Cruz für die kompletten 5 Wochen bezahlt hat, damit ich bei ihm sein konnte. Das hat übrigens auch das Centro Salud in Agulo organisiert, denn ich wusste vorher gar nichts von dieser Möglichkeit.
So weit, so gut.
An die Grenzen kommt das Ganze, wenn so ein Fall eintritt, wie jetzt bei uns: mein Mann bekam am letzten Samstag ganz plötzlich einen "Augeninfarkt". Das heißt, die Netzhautarterie setzte sich mit einem Blutgerinsel zu. In so einem Fall muss man innerhalb von 3 Stunden operieren, sonst verliert man das Auge. Und genau das ist passiert.
Im Hospital in San Sebastian gibt es nur mittwochs und donnerstags einen Augenarzt. Dann gibt es noch ein Ärztehaus, auch in San Seb, die aber auch nur an bestimmten Tagen einen Augenarzt da haben. In dieserr Woche war es auch der Mittwoch. Wenn einem sowas also am Wochenende oder nachts passiert, dann hat man einfach Pech gehabt. Denn innerhalb von 3 Stunden schafft man es definitiv nicht, von Gomera mit der Fähre rüber nach Teneriffa zu kommen, um rechtzeitig in der 24-Stunden-Notaufnahme im Hospital "Candelaria" zu sein.
Als wir dann schließlich einen Augenarzt in San Sebastian hatten, konnte der nur noch feststellen, dass es zu spät ist. Er hat uns dann trotzdem noch ins Hospital Candelaria geschickt, um eine zweite Meinung einzuholen. Der Arzt dort kam aber leider zum gleichen Ergebnis.
Wenn Ihr Euch also mit dem Gedanken tragt, nach Gomera auszuwandern, dann muss Euch klar sein, dass auf der Insel nicht immer jeder Arzt da ist. Es gibt eine Grundversorgung im Krankenhaus in San Sebastian, aber alle Fachärzte kommen tageweise von Teneriffa (Candelaria) rüber nach Gomera und haben da im Krankenhaus Sprechstunden. Für alles andere muss man rüber nach Teneriffa.
Die Regel ist folgende: wenn man innerhalb von 5 Tagen einen Facharzttermin auf der eigenen Insel bekommt, dann wird nicht nach Teneriffa überwiesen. Außer in Notfällen natürlich. Aber wenn es dann auf die Zeit ankommt, kann das wortwörtlich auch ins Auge gehen.
Die Krankenkasse zahlt den Transport und man kann kostenlos gleich mit dem Ferrybus vom Hafen in Los Cristianos rauf nach Santa Cruz fahren, aber das dauert halt.
Die Notaufnahme im "Candelaria" war übrigens der Horror gestern Abend: irre voll und hektisch. Und wegen der Coronamaßnahmen ein "Hochsicherheitstrakt". Aber wir kamen trotzdem fast sofort dran und es war auch um 21 Uhr noch ein Augenarzt da, der sich um uns gekümmert hat.
Medikamentös würde man normalerweise Blutverdünner verabreichen bzw arterienerweiternde Mittel. Da mein Mann die aber eh nimmt wegen des Herzens, war da einfach nicht mehr zu machen. Es ist eben trotzdem passiert. Damit müssen wir jetzt leben.
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